Hahotoe – Phosphatabbau

Im Osten Togos liegen die Phosphatabbaugebiete Das Land hat das viertgrößte Phosphatvorkommen der Welt. Dieser Reichtum stellt für lokale Bauern und Bäuerinnen jedoch keinen Segen, sondern vielmehr einen Fluch dar. Die togolesische Regierung vergibt Schürfrechte ohne Rücksicht auf die lokalen Gemeinschaften, die dann teilweise gewaltsam vertrieben werden und kaum oder gar nicht entschädigt werden.

Der Phosphatabbau, der 1985 noch 8,4% zum BSP beigetragen hat, kam 2001 nur noch auf einen Anteil von 2,2%. Für 2011 wird ein Wachstum von 3,6% angestrebt. Doch um das zu erreichen, muss der Phosphatabbau ausgebaut werden, mit allen damit verbunden Nachteilen und Umweltschäden. Die Phosphatvorkommen sind belastet mit Cadmium und/oder radioaktiven Schwermetallen. Viele Industrieländer haben bereits einen Grenzwert für Cadmium in Düngemitteln eingeführt. So ist weltweit nur noch eine Lagerstätte bekannt, die den Grenzwert der EU unterschreitet (Halbinsel Kola/Russland). In Entwicklungsländern dagegen wird Düngung mit billigeren cadmiumverunreinigten Phosphatdüngern durchgeführt. So kommt neben den Schädigungen durch den Abbau die weitere Schädigung durch die Benutzung belasteter Düngemittel.

Am 23.8. fuhren wir von Lomé aus in die Abbaugebiete um Hahotoe. Allein die Fahrt dorthin war schon ein Abenteuer, denn die Straßenverhältnisse sind wirklich außerordentlich schlecht, dafür das Verkehrsaufkommen von alten bis uralten LKWs, PKWs, Motorrädern und Mopeds enorm. Dazu kommen viele Fußgänger und alle möglichen Tiere.

"Stade

Es dauerte ziemlich lange, bis wir aus Lomé herauskamen und am Stadtrand bot sich uns ein bizarrer Anblick: mitten in einen Stadtteil mit kleinen Hütten und mehr oder weniger gut erhaltenen Häusern erhob sich das neue Sportstadion von Lomé. Ein riesiger Betonklotz, gebaut von den Chinesen, aber ohne nennenswerte Anbindung an Straßen oder öffentlichen Verkehr.

In Hahotoe werden wir vor der Gemeindekirche erwartet. Eine größere Gemeindegruppe musiziert und tanzt und wir machen einen Rundgang, bei dem uns auch die gemeindeeigenen Wiederaufforstungsprojekte gezeigt werden. Das hat alles sehr bescheidenen Umfang, denn Mittel und Flächen sind begrenzt. Trotzdem gibt sich die Gemeinde alle Mühe.

Anschließend fahren wir mit einigen Gemeindeältesten in die Abbaugebiete. Einer von ihnen arbeitet dort und kann uns entsprechend viel zeigen. Kurz hinter dem Dorf erwartet uns eine verwüstete Landschaft. Ähnlich wie bei Braunkohletagebau in der Lausitz oder bei Köln fressen sich riesige Bagger durch das Erdreich, tragen die obersten Erdschichten ab, um an die Phosphaterde zukommen. Diese wird dann mit LKW´s zur Weiterverarbeitung transportiert. Das Phosphat wird ausgewaschen, das zurückbleibende gifte Abwasser wird einfach weggekippt. Im Abbaubereich türmen sich Halden von Abraum, zurück bleiben völlig zerstörte Flächen, eine Wüstenei, um die sich niemand mehr kümmert.

Wir machen einige Bilder, schnell und ohne Aufsehen zu erregen, denn das Fotografieren ist verboten. Schon nach kurzer Zeit kommt ein Vorarbeiter, der uns beobachtet.

zurückgelassener Abraum-Absetzer von O&K
Auch einige mittlerweile funktionsunfähige Maschinen, u.a. von der deutschen Firma O&K (Orenstein und Koppel) wurde einfach dort im Busch zurückgelassen. Zudem landet das Restwasser der Phosphatwaschung im Oberflächenwasser und auf diese Weise ins Grundwasser. Außerdem setzt sich der Staub auf das Essen bzw. die Nahrungsmitteln der Anwohner, die sich somit Lungen- und andere Krankheiten zuziehen. Der „Fluch der Naturressourcen“ wird an dieser Stelle auf dramatischer Weise bewahrheitet.

Die Menschen ringsum haben ihr Land verloren, eine Renaturierung wie in Deutschland findet nicht statt. Die Maschinen fressen sich durch das Land und hinterlassen Zerstörung und Tod. Die Flächen sind landwirtschaftlich nicht mehr nutzbar, die Menschen verlieren ihre Lebensgrundlagen und das Grundwasser, aus dem die Brunnen gespeist werden, ist durch die Phosphatabwässer so belastet, dass Krankheiten und Allergien sich ausbreiten. Der Staub, der durch den Abbau freigesetzt wird, legt sich über das Land und führt zu Lungenkrankheiten. Nennenswerte Entschädigungen haben die Bewohner nie bekommen, die internationalen Konzerne erzielen hohe Gewinne und lassen alles, was nicht mehr gebraucht wird, in der zerstörten Landschaft zurück: Müll, Abraum, Gift, alte Maschinen …

Die gemeinnützige Organisation WANEP hat versucht, Bewohner, Firmenverantwortliche und Regierung an einen Tisch zu bringen, um wenigstens eine kleine Entschädigung für die Betroffenen zu erreichen. Der Erfolg ist nur gering und die Ausbeutung des Landes geht unvermindert weiter. Wo die Gewinne aus dem Abbau hingehen, ist leicht vorstellbar, die Menschen vor Ort haben nichts davon.

Dabei ist absehbar, dass es nur noch begrenzte Zeit möglich ist, die Bodenschätze abzubauen. Die Phosphatreserven des Landes werden auf rund 100 Millionen Tonnen geschätzt. Jährlich werden mehr als 3 Millionen Tonnen abgebaut, mit steigender Tendenz, sodass spätestens 2040 die Vorräte in Togo erschöpft sind. Die Konzerne wandern dann weiter zum nächsten profitablen Ort, wie Heuschreckenschwärme, die zerstörend über die Länder ziehen. Zurück bleiben zerstörte Landschaften und kranke Menschen ohne jede Perspektive.

Das Bergbaugesetz Togos sieht vor, dass das Acker zwar den Familien oder einzelnen Menschen gehören kann, die Ressourcen unter der Erde gehören aber dem Staat. Als Konsequenz darf der Staat die Anwohner enteignen. Diesen Menschen wird die Lebensgrundlage (das Acker, da sie bis zu 80% im Kleinagrarsektor tätig sind) ohne eine wirkliche Entschädigung entzogen. Auch Deutschland profitierte durch die Maschinenexporte (Firma O&K Orenstein und Koppel) und den Phosphatbezug von diesem Gewinn, der ohne soziale Verantwortung des Unternehmens erzielt wurde.

Lesetipp: Ecological Disaster In Hahotoe (Togo): Population affected by Dental Fluorisis